Andalusien steht sowohl als Symbol des friedlichen Zusammenlebens der grossen Weltreligionen, als auch für Vertreibung und Auseinandersetzung. Welche Rückschlüsse lassen sich aus dem Studium der Geschichte ziehen, und wie präsentiert sich die Situation heute? Diese Studienakademie will mit der religiös-kulturellen und spirituellen Geschichte und Gegenwart Andalusiens vertraut machen und zum kritischen Umgang mit dem geschichtlichen Erbe anleiten.
Andalusien, das Sonnenland im Süden Spaniens, hat eine lange und reiche kulturelle Tradition. Phönizier, Griechen, Römer und Westgoten haben dort Spuren hinterlassen. Im Mittelalter lebten Christen, Juden und Muslime Jahrhunderte lang friedlich zusammen; sie haben sich aber auch gegenseitig bekämpft, so dass das mittelalterliche Zusammenleben schliesslich scheiterte. Die drei abrahamitischen Religionen haben die religiös-kulturelle Landschaft Andalusiens nachhaltig geprägt. In Städten wie Granada, Córdoba und Sevilla sind ihre Spuren allgegenwärtig; die Alltagskultur, die Gastronomie und die Lebensgewohnheiten der Menschen Andalusiens sind davon geprägt. Andalusien gilt daher als das Land der „drei Kulturen“. In Renaissance und Barock hat das Christentum Andalusien nachhaltig beeinflusst: in der Kunst (Kathedralen, Kirchen und Klöster, religiöse Bildhauerei), in der Volksfrömmigkeit (Bruderschaften und Prozessionen) und nicht zuletzt in der Mystik (große spanische Mystiker wie Teresa de Avila, Juan de la Cruz und Juan de Avila haben in Andalusien gewirkt). In der zweiten Hälfte des 19. Jh. wurde Andalusien zum Land der Sehnsucht für europäische und amerikanische Romantiker, die wie etwa Rainer Maria Rilke und Washington Irving nach Ronda und Granada kamen. Im Windschatten der neuen Migrationsbewegungen stellt sich nun wieder die Aufgabe, das interreligiöse Zusammenleben unter den Bedingungen der modernen, offenen Gesellschaft zu gestalten.
Leitung:
Prof. Dr. Dr. Mariano Delgado (Universität Freiburg Schweiz)
PD Dr. Cla Reto Famos (Universität Zürich, Schweizerische Studienstiftung)
Anzahl Teilnehmende: max. 16 Personen
Literatur:
Urs Altermatt/Mariano Delgado/Guido Vergauwen (Hg.), Der Islam in Europa. Zwischen Weltpolitik und Alltag, Kohlhammer, Stuttgart 2006.
Mariano Delgado, Der Mythos Toledo. Zur Konvivenz dreier monotheistischer Religionen, in: Sabine Hering (Hg.), Toleranz. Weisheit, Liebe oder Kompromiss?, Opladen 2004, S. 69-91.