Prof. Dr. Eric Kubli, Gründungsmitglied der Schweizerischen Studienstiftung, feierte dieses Jahr seinen 80. Geburtstag. Das Feuer für sein Lebenswerk lodert noch immer in ihm wie am ersten Tag.
«Ich wäre als junger Mensch froh gewesen um eine Schweizerische Studienstiftung.»
Eric Kubli wird 1940 in Neuchâtel in – wie er sagt – nicht-akademische Verhältnisse geboren: «Mein Grossvater war Vorarbeiter, mein Vater Buchhalter und ich selbst ein echtes Landei. Ich verbrachte eine wunderbare Kindheit und Jugend auf dem Dorf in der Nähe von Landquart, aber Kultur und intellektuelle Stimulation gab es dort nicht.» Erst an der Kantonsschule Chur kommt er mit stimulierenden, neuen Ideen in Berührung. So empfahl der Mathematiklehrer seinen Schülern William Durants Buch ‘Die grossen Denker. Die Geschichte der Philosophie von Plato bis Nietzsche’. «Für mich kam die Lektüre einer intellektuellen Explosion gleich», erzählt Eric Kubli noch immer sichtlich begeistert.
Nach der Matura mit technischer Ausrichtung entscheidet er sich für ein Chemiestudium an der ETH Zürich. Doch Chemie an der ETH macht ihn nicht glücklich, so dass er nach zwei Semestern ins Fach Biologie an der Universität Zürich wechselt. Sein Forschungsschwerpunkt wird später Molekularbiologie: «1953 entdeckte man die DNA-Doppelhelix, in den 60er Jahren das Operon-Modell der Genregulation und die Proteinbiosynthese. Für junge, ehrgeizige Menschen wie mich, die wissen wollten, aus was unser Leben chemisch besteht, war das eine extrem spannende Zeit.»
Eine Idee wird geboren
Um seine intellektuelle Neugierde zu befriedigen, besucht Eric Kubli neben dem Biologiestudium Vorlesungen in verschiedenen Fächern. Und er begeistert sich für die grossen philosophischen Fragen der Biologie: Beispielsweise wie Gehirn und Geist zusammenhängen. Um den Austausch zwischen den Fachgebieten zu fördern, organisiert er in seinem Labor regelmässig Diskussionsabende für Mitstudierende aus verschiedenen Studienrichtungen, die «…teils bis tief in die Nacht gingen.» Einer der Teilnehmenden ist ein ehemaliger deutscher Studienstiftler: «Paul Hoyningen schwärmte mir von den Sommerakademien und seinem Studienaufenthalt in England vor, ermöglicht und finanziert von der ‘Studienstiftung des deutschen Volkes’. Der Funke seiner Begeisterung sprang auf mich über und schon damals setzte sich in mir die Idee fest, eine Schweizerische Studienstiftung nach deutschem Vorbild zu gründen», erinnert sich Eric Kubli.
Jahre später und mittlerweile Professor für Biologie an der Universität Zürich findet Eric Kubli in Anton Schärli (dipl. phys. ETH Zürich) und Elisabeth Stumm (Dr. phil. Biologin) zwei Mitstreiter, die sich von seiner Vision begeistern lassen. Am 4. November 1991 wird schliesslich die Schweizerische Studienstiftung gegründet. Ihr Ziel ist es, besonders begabte junge Menschen aus Geistes-, Sozial- und Naturwissenschaften sowie Kunst und Technik nicht primär monetär, sondern geistig-ideell zu fördern. «Meine Hauptmotivation für die Gründung der Studienstiftung war, dass ich anderen ermöglichen wollte, was mir selbst verwehrt geblieben ist: Als junger Mensch intellektuell gefordert und gleichzeitig gefördert zu werden», erzählt Eric Kubli. Als ersten Präsidenten und Gründungsmitglied gewinnen die drei Initianten den ehemaligen Regierungsrat des Kantons Zürichs, Prof. Dr. Hans Paul Künzi. Dieser ist aufgrund seiner vielfältigen Kontakte zu Politik und Wirtschaft ein Glücksfall für die neugegründete Stiftung – vor allem, was die Anschubfinanzierung betrifft. Auch ein Besuch in Bonn (D) und der Austausch mit Dr. Hartmut Rahn, dem damaligen Generalsekretär der ‘Studienstiftung des deutschen Volkes’, ist fruchtbar und hilfreich. Dieses informative und gleichzeitig herzliche Treffen legt den Grundstein für die sehr gute Beziehung zwischen der Schweizerischen Studienstiftung und ihrem deutschen Vorbild, die bis heute gepflegt wird.
Die ersten Schritte und ein schwerer Verlust
Schon im darauffolgenden Sommer findet die erste Sommerakademie der Schweizerischen Studienstiftung statt, an der neun Mathematik-Studierende teilnehmen. Von Beginn an sind die Sommerakademien bei den Geförderten beliebt – auch weil in den ersten Jahren immer eine kulturelle Veranstaltung auf dem Programm steht, die auch der Öffentlichkeit zugänglich ist. Geladen werden z.B. die Schweizer Schriftsteller Thomas Hürlimann und Zoë Jenny sowie der berühmte Historiker Fritz Stern.
1995 stirbt völlig unerwartet und viel zu früh der Mit-Gründer der Schweizerischen Studienstiftung Anton Schärli. Für Eric Kubli ein schwerer Schlag: «Toni war ein herausragender Macher, Stratege und Denker, der Bildung – auch aufgrund seiner Herkunft aus einfachen Verhältnissen – sehr hochschätzte. Wir waren charakterlich sehr verschieden, aber haben uns auch wunderbar ergänzt. Ich habe nicht nur einen geschätzten Kollegen, sondern auch einen Freund verloren.»
Den Kinderschuhen entwachsen
Ab 1996 erfolgt die schrittweise Professionalisierung der Schweizerischen Studienstiftung. Ein wichtiger Schritt zu mehr Reichweite ist, dass sich neu Mittelschulabgänger und -abgängerinnen auf Empfehlung ihrer Schulleitung bei der Schweizerischen Studienstiftung bewerben können. Diese Neuerung ‘verjüngt’ die Schar der Bewerberinnen und Bewerber und sie sorgt dafür, dass die Geförderten vermehrt aus allen Teilen der Schweiz und auch aus dem ländlichen Raum kommen.
In den folgenden Jahren wächst – unter der Leitung von Men Wieland, später von Prof. Dr. Markus Huppenbauer, Prof. Dr. Cla Famos und heute Dr. Klara Sekanina und ihren jeweiligen Teams – die Zahl der Geförderten und mit ihr das Angebot der Studienstiftung kontinuierlich. Eric Kubli ist bis heute überzeugt, dass Breite und Interdisziplinarität die Stärken des Bildungsprogramms sind: So werden beispielsweise in den Intellectual Tools neben wichtigem Grundwissen auch ‘Soft Skills’ wie Rhetorik, Debattier- oder Verhandlungstechniken vermittelt. Für Eric Kubli sind dies wichtige Werkzeuge für die Zukunft der Geförderten. «Mir sind drei Dinge wichtig: Die Geförderten sollen aufrecht durchs Leben gehen. Sie sollen lernen, selbst zu denken. Und sie sollen an sich selbst arbeiten. Die Funktion der Schweizerischen Studienstiftung ist dabei die einer Hebamme. Sie hilft, diese ‘runden Menschen’ auf die Welt zu bringen», sagt er schmunzelnd.
Aufhören? Mitnichten.
Während Eric Kubli 2005 offiziell als Universitätsprofessor den Ruhestand antritt, lässt ihn sein Engagement für die Schweizerische Studienstiftung nicht los. Noch weitere zehn Jahre ist er gemeinsam mit der Geschäftsstelle an der Durchführung der Sommerakademien beteiligt und führt dort auch einzelne Veranstaltungen durch. Heute ist seine Willkommensansprache ein fester Bestandteil der jährlich stattfindenden ‘Kick-Offs’, den Einführungsveranstaltungen für neue Studienstiftler und Studienstiftlerinnen. «Mich freut es jedes Mal, wenn ich sehe, wie zurückhaltend die jungen Leute zu Beginn der Kick-Off-Veranstaltungen sind. Und wie bereits am Apéro die ersten Freundschaften geschlossen werden.» Denn auch das ist dem Mit-Gründer ein wichtiges Anliegen: Begabten jungen Menschen die Möglichkeit geben, sich mit Gleichgesinnten zu vernetzen und ‘einen Club’ zu finden, in dem sie mit ihrer Begabung nicht alleine sind.
In seiner Freizeit ist Eric Kubli auch mit 80 Jahren noch sehr aktiv. Die grosse Büchersammlung in seinem Haus zeugt von seinem wachen, immer noch sehr vielseitig interessierten Geist. Auch an der Universität Zürich schaut Eric Kubli von Zeit zu Zeit gerne auf einen Besuch bei ehemaligen Kolleginnen und Kollegen vorbei. Darüber hinaus ist er gerne mit seiner Lebenspartnerin in der Natur unterwegs, liebt gutes Essen und geniesst in den Ferien gerne die Ruhe in seinem Ferienhaus in der Provence. Eric Kubli ist seit einigen Jahren Ehrenmitglied des Stiftungsrats der Schweizerischen Studienstiftung. Dort sind seine Expertise und seine Anregungen nach wie vor sehr geschätzt. «Wenn ich einen Wunsch für die Schweizerische Studienstiftung frei hätte, dann dass Dynamik und Kreativität weiterhin erhalten bleiben. Wir wollen unseren Geförderten ja ein gutes Vorbild sein.»
Die Schweizerische Studienstiftung gratuliert Prof. Dr. Eric Kubli herzlich zum 80. Geburtstag, wünscht weiterhin gute Gesundheit und dankt ihm für seine Ideen und Anregungen als Ehrenmitglied des Stiftungsrats.
Wichtige Stationen von Eric Kubli
21.6.1940 | in Neuchâtel geboren |
1959 | Matura Typus C, Kantonsschule Chur |
1960–70 | Studium und anschliessend Promotion (Dr. phil.) in Zoologie an der Universität Zürich |
1970-85 | Oberassistent am zoologischen Institut der Universität Zürich mit Auslandsaufenthalten in Yale (USA) und am MRC Laboratory Molecular Biology in Cambridge (UK) |
1979 | Habilitation an der Universität Zürich |
1985 | Professur an der Universität Zürich |
1991 | Gründung der Schweizerischen Studienstiftung durch Anton Schärli, Elisabeth Stumm, Eric Kubli und Hans Künzi |
2001 | Ständiger Ehrengast – gemeinsam mit Elisabeth Stumm – der ETH Zürich für seine Verdienste rund um die Schweizerische Studienstiftung |
2003 | Ehrendoktor der Universität Basel für seine Verdienste rund um die Schweizerische Studienstiftung |
2005 | Emeritierung |